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Das Geheimnis von rostfreiem Stahl

Ohne rostfreien Stahl würde die Welt heute anders aussehen. Bauingenieurwesen, Maschinenbau, Automobilindustrie, Medizin, Nahrungsmittelproduktion - viele Branchen sind auf nicht rostender Stähle angewiesen. Die Bedeutung der oft auch als Edelstahl rostfrei bezeichneten Materialien spiegelt sich darin wider, dass jährlich weltweit mehr als 50 Millionen Tonnen davon produziert werden. Was genau es mit dem rostfreien Stahl auf sich hat, welcher sich wofür am besten eignet und welche Verfahren es gibt, um ihn für den jeweiligen Zweck aufzubereiten, erfahren Sie hier.

Werkstoff mit über 100-jähriger Geschichte

Dass Stahl durch den Zusatz von Chrom rostfrei wird, erkannte der französische Geologe und Mineraloge Pierre Berthier bereits 1821. Die technologischen Umsetzungen und Fertigungsleistungen von heute waren damals noch nicht möglich. 

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hielten Teer, Chlor, ätzende Säuren und giftige Laugen Einzug in die chemische Industrie. Die in jener Zeit verwendeten Stahlsorten, die schon unter Feuchteeinfluss rosteten, nahmen durch die aggressiven Stoffe noch größeren Schaden. Die betroffenen Unternehmen benötigten dringend ein Metall, das sowohl Korrosion als auch hohen Temperaturen und Drücken widersteht. Damit begann die Suche einer rostfreien, korrosionsunempfindlichen Stahl-Legierung.

Im Jahr 1912 erfand der österreichische Ingenieur Max Mauermann die ersten nicht rostenden und säurebeständigen Chrom- und Chrom-Nickel-Stähle die er ein Jahr später auf der Wiener Adria-Ausstellung vorstellte. Ebenfalls 1912 entwickelte Benno Strauß, Leiter der Physikalischen Abteilung der Krupp AG, gemeinsam mit dem Ingenieur Eduard Maurer ein Verfahren zur Erzeugung eines nichtrostenden Stahls. Dieser basierte auf einer Nickel-Chrom-Legierung (18 % Cr, 8 bis 10 % Ni) und blieb durch eine spezielle Wärmebehandlung, das sogenannte Schlussglühen, kalt verformbar und wies eine besondere Festigkeit auf. Das Patent hierauf wurde 1918 erteilt.

Das Geheimnis von rostfreiem Stahl

Rostfrei, aber nicht frei von Oxidation

Ob Stahl rostet oder nicht, hängt vor allem von seinem Chromgehalt ab. Rostfreiheit entsteht ab einem Anteil von über 10 % Chrom in der Legierung. Als rostfrei ausgezeichnete Edelstähle enthalten im Durchschnitt 14 % Chrom.

Der hohe Chromanteil bewirkt, dass sich an der Werkstoffoberfläche eine dichte, schützende Passivschicht aus Chromdioxid ausbildet. Diese Schicht lässt sich durch eine Spezialbehandlung zugleich zum Einfärben der Stahloberfläche einsetzen.

Weitere Legierungselemente wie Nickel, Mangan, Molybdän oder Niob erzeugen eine noch bessere Korrosionsbeständigkeit und günstigere mechanische Eigenschaften. Aufgrund des hohen Anteils an Legierungsbestandteilen kosten rostfreie Stähle deutlich mehr als herkömmlicher Stahl.

Entgegen der landläufigen Meinung kann Edelstahl rostfrei durchaus oxidieren. Insbesondere in aggressiven Umgebungen sind manche Edelstahlsorten nur unzureichend gegen Korrosion geschützt und deshalb ungeeignet, beispielsweise bei:

  • hohen Feuchtegraden,
  • einem hohen Chlor- oder Salzgehalt,
  • dem Vorhandensein von Schwefeldioxid,
  • einem sehr hohen oder sehr niedrigen pH-wert,
  • hohen Temperaturen.

Daher gilt es, eine Variante des rostfreien Stahls zu wählen, die den Anforderungen der jeweiligen Anwendung und den Umgebungsbedingungen genügt. Besonders bei einem Einsatz im Außenbereich bietet Edelstahl rostfrei Vorteile gegenüber herkömmlichen Stahlarten.

Verschiedene Edelstahlsorten für unterschiedliche Einsatzgebiete

Basierend auf ihrer Kristallstruktur werden Edelstähle in ferritische, austenitische und martensitische Sorten unterschieden. Ferritische Stähle bestehen in erster Linie aus Eisen und Kohlenstoff. Als Legierungselement kommt Chrom hinzu, dessen Anteil 13 bis 18 % betragen kann. Um die Eigenschaften des Materials zu optimieren, können weitere Elemente wie Titan, Niob oder Zirkonium hinzugefügt werden. Diese können zum Beispiel die Härte erhöhen oder die Schweißbarkeit verbessern. Ferritische Gefüge sind leicht magnetisch und nicht härtbar.

Austenitische Stähle enthalten relativ hohe Chrom- und Nickelanteile (6 bis 26 %). Diese beiden Elemente machen gemeinsam mindestens ein Viertel der Gesamtlegierung aus. Die bekanntesten Sorten sind V2A (Werkstoffnummer: 1.4301) und V4A (Werkstoffnummern: 1.4401, 1.4404 und 1.4571). V2A ist säurebeständig, mit allen Verfahren gut schweißbar und bis zu 600 °C hitzebeständig. Er eignet sich besonders gut zum Tiefziehen, Rundbiegen und Abkanten. V4A wird zusätzlich mit 2 % Molybdän legiert. Dadurch ist dieser Stahl widerstandsfähiger gegen Korrosion in chloridhaltigen Medien.

Besonders strapazierfähig sind martensitische rostfreie Stähle. Bezüglich ihrer Zusammensetzung ähneln sie dem ferritischen Stahl und sind wie dieser magnetisch. Typischerweise enthalten sie einen relativ hohen Anteil an Kohlenstoff (0,1 bis 1,2 %), 12 bis 16 % Chrom und einen geringen Anteil Nickel, seltener Molybdän. Sie können durch schnelles Abkühlen auf mehr als 1.000 HV gehärtet werden, lassen sich danach aber weder schweißen noch plastisch verformen. Die Korrosionsbeständigkeit ist aufgrund des hohen Kohlenstoffgehalts in aller Regel schlechter als bei den anderen Sorten.

Eine weitere Variante ist Duplex-Edelstahl, eine Kombination aus austenitischen und ferritischen Kristallstrukturen innerhalb eines Werkstoffs. Dieser Stahl erreicht doppelt so hohe Streckgrenzen wie austenitischer Edelstahl. Weitere Vorteile sind eine erhöhte Härte, ein geringerer Ausdehnungskoeffizient sowie verbesserte Schweißbarkeit und Zähigkeit. Duplex ist außerdem widerstandsfähiger gegen Spannungskorrosion. Allerdings ist der Temperaturbereich, in dem diese Stähle eingesetzt werden können, auf +280 °C begrenzt.

Einfluss der Legierungen auf die Stahleigenschaften

Erwünschte und unerwünschte Legierungselemente können die Eigenschaften von Stahl in hohem Maße beeinflussen. Erwünschte Elemente verleihen ihm bestimmte mechanische sowie chemische Eigenschaften wie gute Korrosionsbeständigkeit, hohe Festigkeit und gute Verformungs- und Zerspanungseigenschaften. Andere Begleitelemente können diese Spezifika jedoch in ungewollter Weise verschlechtern.

Kohlenstoff senkt den Schmelzpunkt des Eisens und erhöht die Härte und die Zugfestigkeit. Ist dieses Element in größeren Mengen vorhanden, steigt die Sprödigkeit des Stahls, während die Schmiedbarkeit, die Schweißeignung und die Bruchdehnung sinken. Chrom senkt die kritische Abkühlgeschwindigkeit und steigert die Verschleiß- und die Warmfestigkeit. Zugleich erhöht es die Zugfestigkeit, weil es als Karbidbildner wirkt. Ab einem Massegehalt von 12,2 % lässt es außerdem die Korrosionsbeständigkeit deutlich ansteigen und ist damit ein bedeutender Faktor für die Herstellung von rostfreiem Edelstahl.

Durch das Zulegieren von Nickel (ab 8 %), Phosphor und Titan lässt sich die Korrosionsfestigkeit ebenfalls erhöhen. Gleiches gilt für Molybdän, das hierzu einen Anteil von circa 1 % ausmachen sollte.

Edelstahl bearbeiten: Diese Möglichkeiten gibt es

Grundsätzlich lassen sich nicht rostende Stähle gut verarbeiten. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, sollte die Bearbeitung an einem ausschließlich für Edelstahl genutzten Platz erfolgen. Ist das nicht möglich, muss die Arbeitsumgebung vor den Edelstahlarbeiten gewissenhaft gereinigt werden.

Für rostfreie Stahlsorten kommen verschiedene Trennverfahren infrage. Im industriellen Bereich finden hierfür Laserschneidmaschinen, Plasmaschneider und das Wasserschneiden Verwendung. Weitere mögliche Bearbeitungsformen sind:

Beim Schweißen ist es wichtig, die richtige Methode und die passenden Schweißzusatzstoffe für den jeweiligen Edelstahl zu wählen. Diesbezügliche Fehlentscheidungen können die Rissbildung (Spannungsrisse, Spaltkorrosion) begünstigen und damit die Qualität der Schweißnaht beeinträchtigen.

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